Anwaltsmarketing: In 10 Schritten von der Feld-, Wald- und Wiesenkanzlei zur Mandatsmaschine

Geht es Ihnen auch so wie vielen Anwälten? Sie sind 12 Stunden täglich in der Kanzlei, bearbeiten eine Vielzahl von Fällen aus den unterschiedlichsten Rechtsgebieten, kleine und große Streitwerte bunt gemischt – aber irgendwie finden Sie den roten Faden nicht? Wofür steht die Kanzlei, welche Fälle sind die, von denen Sie mehr haben möchten? Und welche sollten besser ausbleiben, da unrentabel? Und ist Ihnen einmal aufgefallen, dass die unrentabelsten Mandate oftmals diejenigen sind, die am meisten Nerven und Fristenstress verursachen? Und, Hand aufs Herz – so richtig lukrativ ist das ganze auch nicht? Zumal man ja ohnehin durch Studium und Referendariat recht spät in den Beruf gestartet ist?

Kein roter Faden

In der täglichen Beratung von diversen Anwaltskanzleien zeigt sich immer wieder dasselbe Problem: es fehlt der rote Faden. Ein Einzelanwalt nimmt alle Mandate an, die am Standort zu holen sind, grössere Kanzleien betreuen mehrere Rechtsgebiete oftmals mit mehreren Anwälten im Haus. Doch ein roter Faden ist nicht in Sicht. Das eine, ausschlaggebende Argument, weshalb potentielle Mandantinnen und Mandanten ausgerechnet Ihre Kanzlei beauftragen sollten und nicht die Kolleginnen und Kollegen auf der anderen Strassenseite, oder die Kanzlei, die die Google-Anzeige über Ihnen gebucht hat?

165.000 einzigartige Anwältinnen und Anwälte in Deutschland? Echt jetzt?

In Deutschland gibt es Stand 2019 ca. 165.000 zugelassene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Ganz ehrlich: mit einem hübschen Kanzleischild an der Tür alleine und der Überzeugung, ein guter Jurist zu sein, werden Sie es nicht schaffen. Nur mit großzügigen Überweisungen an Google für bezahlte Anzeigen jedoch auch nicht. Also was tun?

IN 10 Schritten zur Mandatsmaschine

Unser Rat: machen Sie Ihre Kanzlei zu!

Nein, keine Angst. Nicht für immer. Aber für einen Tag oder besser für ein ganzes Wochenende. Planen Sie die Personen aus Ihrer Kanzlei ein, die für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich sind. Das sind in erster Linie Sie und Ihre Kanzleipartner. Angestellte bleiben zu Hause. Sorgen Sie zu diesem Termin für ein angenehmes Arbeitsumfeld für den Tag (Flip-Chart nicht vergessen) und ein nettes Kulturprogramm für den Abend, wenn Sie über Nacht bleiben. Evtl. suchen Sie sich einen auf Anwaltskanzleien spezialisierten Unternehmensberater mit ausgewiesener Erfahrung in Strategie und Marketing bei Anwaltskanzleien, der die richtigen Fragen stellt und diesmal Sie durch den Prozess führt. Kennen Sie keinen? Im Impressum dieser Seite finden Sie einen. Wir bieten diesen Prozess übrigens regelmässig als Seminar im bayerischen Wald an.

Der genaue Weg zur erfolgreichen Positionierung

Wenn wir diesen Prozess mit Ihnen durchführen, dann wird er exakt folgenden durch Fragen gesteuerten Ablauf haben:

1. Mit welcher Art von Mandaten erwirtschaften Sie den meisten Umsatz?

Hintergrund ist hier der Pareto-Gedanke: über alle Branchen hinweg sagt man, dass man mit 20% der Kunden 80% des Umsatzes erzielt. Das müssen jetzt nicht unbedingt Kunden bzw. Mandanten sein, dass können auch Rechtsprodukte oder Themengebiete sein. Wie sich das genau bei Ihnen verhält, muss herausgearbeitet werden. Nur dann kann man sich von 80% relativ sinnloser Tätigkeit verabschieden und wichtigere oder angenehmere Dinge tun.
Welche Mandate machen Ihnen am meisten Spass? Als trockener Jurist werden Sie vielleicht sagen, um Spass geht es nicht. Aber das ist falsch. Wirklich gut sind Sie nur in dem Bereich, den Sie gerne machen. Idealerweise finden wir Ihre Stärken im beruflichen Bereich 🙂

3. Wie ist die aktuelle Situation?

Jetzt schauen wir uns das ganze einmal genauer an: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken. Haben Sie ohnehin alles im Kopf meinen Sie? Perfekt, dann bringen wir es jetzt aufs Papier. Die sog. SWOT-Analyse ist eines der verbreitetsten Management-Tools und liefert wertvolle Erkenntnisse zur Findung der passenden Strategie. Lassen Sie sich aber bitte von niemandem 100 Seiten wertloses Powerpoint zu diesem Thema verkaufen. Das ist in zwei gemeinsamen Stunden ordentlich machbar. Mehr Infos zur SWOT-Analyse…

4. Wie ist der Blick von oben?

In diesem Schritt betrachtet man die externen Faktoren. Hierfür wird von uns gerne das PEST(EL)-Modell genutzt. Letztlich geht es hier darum, eine Einschätzung des Gesamtumfelds zu erhalten in dem man sich bewegt und welchen Einfluss die Faktoren Politik, Ökonomie, Soziales, Technologie, Umwelt und Recht auf die eigene Unternehmung haben. Klingt richtig trocken? Nun, mit einem solchen Modell kann man beispielsweise auf die Idee kommen, massenweise Diesel-Opfer zu vertreten, die zugrundeliegenden KFZ-Darlehensverträge wegen Fehlern widerrufen und die Rechtschutzversicherung des Mandanten mit einer weiteren Rechtschutzversicherung auf Zahlung verklagen. Coole Sache, oder? Mehr Infos zur PEST(EL)-Analyse…

5. Wettbewerbsanalyse – gegen wen kämpfen wir? Und kämpfen wir überhaupt?

Hier betrachten wir uns das Wettbewerbsumfeld, in dem wir uns bewegen. Da geht es um ganz direkte und namentlich bekannte Wettbewerber Ihrer Kanzlei. Welche erkennbaren Strategien verfolgen diese? Gibt es Bedrohungen durch neu in den Markt eintretende Kanzleien oder Kanzleikonzepte? Sind wir mandantenseitig unter Druck? Und wenn ja, unter welchem? Sind wir abhängig von Agenturen, von denen wir Leads einkaufen müssen oder besteht Abhängigkeit von Personal? Gibt es möglicherweise neue Dienstleister, die uns eventuell völlig überflüssig machen oder die die Leistung standardisiert besser oder massenweise erbringen können? Stichwort Legal Tech, Flugrechte usw.. Wir nutzen hier häufig die 5-Forces-Analyse nach Porter. Mehr Infos zu den 5 Forces…

6. Definition der Nische und Formulierung der Positionierung

Aus den mittels der oben genannten Analysen zusammengetragenen Informationen und Daten ergibt sich ein Gesamtbild des Marktes sowie eine realistische Einschätzung der eigenen Position sowie eine Evaluation der Möglichkeiten innerhalb des Marktes. Philip Kotler empfiehlt in seinem Buch „Grundlagen des Marketing“, die eigene Positionierung im Markt in Form eines Satzes niederzuschreiben, der zwingend vier Elemente enthält: Zielsegment und Bedürfnis, Marke, Konzept, Unterscheidungskriterium (Kotler et al., 2016). Exakt das tun wir gemeinsam.

7. Unique Selling Proposition

Eine wissenschaftliche Definition hierfür liefert Hindle: „Eine „unique Selling proposition“ ist die Beschreibung der einzigartigen Qualitäten eines speziellen Produkts oder Services in einer Art, die sie dahingehend differenziert, dass Kunden lieber dieses Produkt als das eines Wettbewerbers kaufen“ (Hindle, 2008).
Angewendet auf den Bereich der Rechtsdienstleistungen deuten sich jedoch sehr schnell Grenzen dieses von Kotler sehr allgemein und durch die Konsumgüterindustrie geprägten Modells an. Pepels hierzu: „Dieser immer noch weithin propagierte Ansatz ist zwar naheliegend, bei näherer Überlegung jedoch wenig fruchtbar. Denn erstens, kann es als schwer angesehen zu werden, in etwas dauerhaft und nachweisbar besser zu sein als alle anderen im gleichen Marktsegment. Und selbst wenn dies der Fall wäre, fehlt den potenziellen Mandanten häufig die Markttransparenz und die Fachkenntnis, dies zu erkennen und beurteilen zu können“ (Pepels und Steckler, 2012, S.28)

8. Anwaltliche Positionierung

Für die Entwicklung der anwaltlichen Positionierung empfiehlt Pepels daher von der reinen Faktenebene Abstand zu nehmen und sich auf die Ebene der Bedürfnisse und des Bauchgefühls der potenziellen Mandantschaft zu bewegen. „Weitaus geschickter ist es hingegen, eine emotional fundierte Heraushebung zu verwenden, welche im Marketing Unique Advertising Proposition genannt (UAP) genannt wird. Dies bedeutet, dass eine Kanzlei glaubhaft machen kann, etwas besser zu können als andere. Dabei ist nicht an eine Glaubhaftmachung im streng juristischen Sinne, also faktisch beweisbar, gedacht, sondern an die Erweckung eines nachvollziehbaren, plausiblen Anscheins, Probleme potenzieller Mandanten effizienter und effektiver lösen zu können als andere. Dies ist die Kernkompetenz“ (Pepels und Steckler, 2012, S. 28).

9. Die neue Kanzleiwebseite

Der erste Schritt ist üblicherweise eine Überarbeitung des Online-Auftritts, speziell der Kanzleiwebseite. Diese muss zwingend die zuvor erarbeitete Positionierung und Strategie widerspiegeln. Stellen Sie auf dieser Seite sich selbst und Ihre Kanzlei vor, sowie die relevanten Rechtsgebiete, in denen Sie tätig sind. Planen Sie Unterseiten für spezielle Werbeaktionen ein (sog. Landingpages). Die Webseite wird später der Dreh- und Angelpunkt der Skalierung Ihrer Kanzlei sein. Achten Sie daher bei der Auswahl der Webentwickler darauf, ob diese mit den benötigten Schnittstellen zu CRM-Systemen, ggf. Fakturaprogramm, Terminplanungsprogramm, E-Mail-Marketing-Systemen vertraut sind. Wir empfehlen üblicherweise die Verwendung von WordPress als Basissystem. Andere, teils proprietäre Systeme mögen zwar auf den ersten Blick intuitiver erscheinen, bieten aber meistens nicht die benötigten Anpassungsmöglichkeiten und Schnittstellen. Achten Sie bitte auch auf ein Hosting, das genügend skalierbar ist. Von den bekannten Massenhostern raten wir Ihnen in der Regel dringend ab, da wichtige Einstellungen hier nicht alle oder nur sehr kompliziert vorzunehmen sind. Wir empfehlen Ihnen gerne jederzeit eine robuste Lösung. Vom ersten Tag an sollten die üblichen Analysetools wie Google-Analytics aber auch Facebook-Pixel auf der Seite mitlaufen. Selbstverständlich sollten Sie dabei die aktuellen Datenschutzvorschriften beachten. Wie Sie merken ist eine Kanzleiwebseite weit mehr als nur eine digitale Visitenkarte. Die Entwickler Ihrer Seite sollten sich daher mit den aktuellen und geplanten Abläufen Ihrer Kanzlei auskennen und ein tiefes technisches Verständnis für die benötigtes Schnittstellen haben. Bitte reduzieren Sie das Thema gedanklich nicht auf “bunte Bilder”. Bunte Bilder verdienen kein Geld.

10. Skalierung

Nachdem Sie nun eine hochperformante Webseite und die notwendigen Landingpages für Ihr Vorhaben erstellt haben, ist es an der Zeit Besucher auf Ihre Webseite zu lenken und diese idealerweise in Mandanten zu konvertieren. Bitte seien Sie an dieser Stelle vorsichtig: Die bezahlten Werbeprogramme von Google und Facebook sind wahre Monster, sobald Sie Ihre Kreditkartendaten hinterlegt haben. Falsch eingestellt können Sie innerhalb eines Tages mehr Geld verbrennen als Sie jemals auf einem Stapel gesehen haben. Das Aufsetzen und Steuern der benötigten Kampagnen ist etwas, was man IMMER Menschen überlassen sollte, die das gelernt haben und täglich machen. Hier gibt es diverse Online-Marketing-Agenturen. Achten Sie aber bei der Auswahl auf ausgewiesene Expertise im Anwaltsmarketing. Sonst werden Ihre Anzeigen zum Diesel-Skandal möglicherweise potentiellen Autokäufern eingeblendet und Ihr ganzes Geld ist verbrannt.

Wir empfehlen üblicherweise eine Mischung aus bezahlter Werbung und einer soliden Content-Marketing-Strategie. Die Google-Algorithmen werden immer besser: achten Sie daher auf Content, der Ihren Lesern wirklich Mehrwert bringt. Plaudern Sie aus dem Nähkästchen. Die neue Strategie ist das Gegenteil von Bücher-Verstecken. Teilen Sie Ihr Wissen öffentlich. So positionieren Sie sich als Experte und gewinnen Vertrauen. Vergessen Sie den Gedanken: “Wenn ich alles auf die Webseite schreibe braucht mich ja niemand mehr zu mandatieren”. Das ist Unsinn. Eine Rechtsdienstleistung ist schliesslich kein IKEA-Regal zum selbst zusammenbauen. Die dahinterliegende Überlegung ist klar. Es ist nicht möglich innerhalb ganz kurzer Zeit in den organischen Suchergebnissen nach vorne zu rutschen. Daher starten wir üblicherweise mit bezahlten Kampagnen und gleichzeitig mit einer guten Content-Marketing-Strategie. Letztere wird schrittweise Ihre Präsenz im Netz verbessern, so dass sich die Investitionen in bezahlte Werbung schrittweise reduzieren lassen. Nur so bauen Sie einen echten Unternehmenswert auf. Google aufdrehen kann jeder, aber damit erzielen Sie keine Nachhaltigkeit. Und lassen Sie sich nichts über SEO erzählen. Das ist alles Unsinn und in der Regel gelogen. Es gibt keine Zauberstrategie, wie Sie bei Google ganz nach oben kommen. Nur regelmässiges Schreiben mit klarem Fokus auf den Mandantennutzen zahlt sich aus.

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